Weil Volksabstimmungen wie in der Gemeinde Ludesch (Vorarlberg) wieder möglich sein sollen. Dazu muss die Bundesverfassung geändert werden. Mit der Abschaffung der von Bürgerinnen und Bürgern veranlassten Volkabstimmungen, nimmt man uns das stärkste Werkzeug, um Politik aktiv mitzubestimmen und um Fehlentscheidungen zu korrigieren.
2019 initiiert die Initiative Ludesch eine Volksabstimmung. Die Bevölkerung der Gemeinde Ludesch entscheidet dabei, dass die Flächen auf denen die Getränkeindustrie (Rauch, Red Bull, Ball) ihre Produktion erweitern will, „Freifläche Landwirtschaft„ bleiben. (Link 1 siehe unten)
Weil die Volksabstimmung in Ludesch von Bürgerinnen und Bürgern initiiert wurde, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Ludescher Volksabstimmung und das in der Vorarlberger Landesgesetzgebung verankerte bürgerliche Volksabstimmungsrecht im Oktober 2020 aufgehoben (Link 2). Das strittige VfGH-Urteil wirft grundsätzliche Fragen nach dem demokratischen Prinzip der Bundesverfassung und seinem Verständnis auf. (Link 3) Der Verfassungsgerichtshof ist der Rechtsmeinung, dass von Bürger*innen veranlasste und verbindliche Volksabstimmungen verfassungswidrig sind. Das ist für ein demokratisches Verständnis von politischen Prozessen nicht nachvollziehbar. Die juristische Entscheidung des VfGH nimmt den Bürger*innen ihr zutiefst demokratisches Recht, verbindliche Volksabstimmungen auf Gemeindeebene zu veranlassen. Spätestens ab Ende Dezember 2021 werden solche Volksabstimmungen nicht mehr möglich sein. Das ist ein Verlust für das demokratische Leben in Österreich, der rasch behoben werden soll. Da uns Bürgerinnen und Bürgern ein demokratisches Recht genommen wurde, liegt es vor allem auch an uns, es zurückfordern.
Das VfGH Urteil hat auch für politische Unruhe gesorgt. Politische Initiativen zu einer Verfassungsänderung wurden zwar gestartet, aber von der Mehrheit im Nationalrat und der Bundesregierung nicht berücksichtigt. Auch verfolgen diese politischen Initiativen nur die Wiedereinführung des bürgerlichen Volksabstimmungsrechts auf Gemeindeebene. Damit greifen sie viel zu kurz, denn sie lassen die demokratischen Defizite der Bundesverfassung weitgehend bestehen. Deshalb: lasst uns die Sache selbst in die Hand nehmen und mit Volksabstimmen über Volksabstimmen eine zukunftstaugliche Verfassungsreform anstreben.
Zu diesem Zweck hat sich aus der Vorarlberger Demokratiebewegung heraus (Link 4) im Juli 2021 das Netzwerk „Volksabstimmen über Volksabstimmen“ formiert. Es wird unterstützt von Mehr Demokratie Österreich! Vorarlberger Naturschutzbund, Initiativgruppe für BürgerInnen-Räte aus der Zivilgesellschaft, Alpenschutzverein, Mehr direkte Demokratie Vorarlberg, #aufstehn, Initiative Ludesch, Bürger*innenrat FAIRE WAHLEN und vielen Einzelpersonen.
Weil aus dem Verlust der Vorarlberger Bürgerinnen und Bürger, denen das in der Landesgesetzgebung verankerte Volksabstimmungsrecht genommen wurde, ein Gewinn für alle Bürgerinnen und Bürger der Republik Österreich werden soll. Unsere politische Verantwortung besteht auch darin dem leisen Sterben der Demokratie entschieden und solidarisch entgegenzutreten.
Weil das demokratische Prinzip an sich aus zwei grundlegenden Elementen besteht. Dem direkt demokratischen und dem repräsentativ demokratischen, die wir als zumindest gleichberechtigte und einander ergänzende verstehen, und nicht als Herrschaft des einen über das andere.
Weil den Bürgerinnen und Bürgern elementare demokratische Rechte vorzuenthalten auch dann zutiefst undemokratisch ist, wenn es im Namen der repräsentativen Demokratie geschieht.
Die Politik macht es sich mit der Rede von der „repräsentativen Demokratie, die Österreich nun einmal sei“ allzu einfach. Sobald sie regiert, will sie von Mitbestimmung und Teilung der Macht nichts mehr wissen. Demokratische Rechte müssen „von unten“ erkämpft werden – und das leider auch in einer Demokratie, von der oft allzu leicht vergessen wird, dass sie „errungen“ werden musste.
Lasst uns die Gelegenheit beim Schopf packen und eine zukunftstaugliche Verfassungsreform verfolgen.
Handeln wir gemeinsam!
Die Behebung der demokratischen Defizite der Bundesverfassung per Verfassungsänderung berücksichtigt folgende Eckpunkte:
1) Eine Änderung der österreichischen Bundesverfassung, die das bürgerliche Volksabstimmungsrecht und die bürgerliche Gesetzgebungskompetenz auf sämtlichen Ebenen der Republik Österreich (Gemeinde, Land, Bund) verankert.
2) Die einen unserer pluralistischen Gesellschaft gerecht werdenden Vorschlag zur Aktualisierung des Staatsbürgerschaftsrechts und des Wahlrechts ausarbeitet.
3) Die in einer Präambel das Verhältnis der Demokratie zur Umwelt sowie jenes zur globalen Ungleichheit bestimmt.
Näheres zu dem, was wir mit der Petition auf europäischer Ebene verfolgen, demnächst unter Neuigkeiten.
Link 1
https://www.initiativeludesch.at
https://vorarlberg.orf.at/stories/3020976/
https://www.derstandard.at/story/2000110894180/bevoelkerung-laesst-neue-red-bull-anlage-von-rauch-in-vorarlberg
Link 2
https://www.vfgh.gv.at/medien/Ludesch_Seiersberg.php
Link 3
https://foederalismus.at/blog/direkte-demokratie--nur-noch-ein-blosses-lippenbekenntnis_249.php
Link 4
https://www.derstandard.at/story/2000124983171/vorarlberg-soll-in-volksabstimmung-ueber-volksabstimmungen-entscheiden
https://vorarlberg.orf.at/stories/3123843/