Seit Oktober 2015 lebt Faris, 24, in Salzburg – seit knapp 5 Jahren ist er nach langer Suche und Reise endlich in einem Land angekommen, in dem er sich wohl und respektiert fühlt. Er hat sich hier eine Existenz aufgebaut, so gut das ohne Aufenthaltstitel eben ging. Er bezeichnet sich mittlerweile als Österreicher. Warum er hierhergekommen ist? Weil in seiner Heimat, dem Irak, seit Jahren Krieg, Aggression und religiöser Extremismus den Alltag beherrschen. Weil freies Denken und Handeln dort nicht möglich sind. Weil er weder den Umgang mit Frauen noch den Umgang mit Anders- oder Ungläubigen dort unterstützen möchte. Weil seine Familie dort längst nichts mehr besitzt und nicht einmal mehr in diesem Land wohnt. Weil er dort aufgrund seiner Tattoos, Piercings und langen Haare sofort als nicht-muslimisch identifiziert werden kann und somit als verfolgungswürdig gilt. Weil er im Irak mehrmals Gewalt gegen seine Person erfahren musste und mit einer Rückkehr sowohl sein eigenes Leben als auch das seiner Familie gefährden würde. Weil sich auch er nicht ausgesucht hat, wo er geboren wird – und weil jeder das Recht auf ein Leben ohne Krieg und Unterdrückung haben sollte.
Es folgen Jahre des Wartens, der Unsicherheit – aber gleichzeitig auch des Arbeitens für ein besseres Leben hier in Österreich. Faris erkämpft sich alles selbst, zieht von der Flüchtlingsunterkunft in eine richtige WG, schließt Freundschaften mit Einheimischen, engagiert sich freiwillig im MARK Salzburg, in der Nachbarschaftshilfe und dem Soli.Café, lernt problemlos Deutsch. Von seinem ersten negativen Asylbescheid lässt er sich nicht entmutigen – er verbessert sein Deutsch, hilft am Salzburger Christkindlmarkt und bei der Flachgauer Tafel, unterstützt andere wo er kann und schlägt seine Wurzeln in Salzburg.
Im September 2019 dann endlich die erlösende Nachricht: Faris bekommt seinen Aufenthaltstitel (Aufenthalt plus) wegen außerordentlicher Integrationsleistungen. Noch am Heimweg vom Gericht informiert er seine Kolleg*innen vom MARK Salzburg darüber, dass er jetzt endlich „richtig“ für sie arbeiten darf. Er sammelt Infos bei der Caritas, weil sein Traum, eine Ausbildung im Pflegebereich zu absolvieren, plötzlich so viel greifbarer ist.
In weiterer Folge – nach Monaten (!) der vermuteten Stabilität – wird das Urteil angefochten, der Revision stattgegeben und im Mai 2020 wird ihm der Aufenthaltstitel samt Ausweis, Arbeitsberechtigung und vor allem Sicherheit wieder entzogen. Nach Monaten des Sicherheitsgefühls heißt es plötzlich, er habe 2 Wochen, um das Land freiwillig zu verlassen, ansonsten drohe die Abschiebung. Seit Juni muss Faris sich nun im Abstand von 48 Stunden bei der Polizei melden, da ansonsten ein Untertauchen seinerseits befürchtet wird. Inzwischen kämpft sein Anwalt gegen das Urteil, das Faris in ein Land zurückschicken würde, in dem ein Leben für ihn nicht möglich wäre.
Warum ist das wichtig?
Wir – seine Freunde, Kolleg*innen und Bekannte – können nicht verstehen, wie man jemanden, der dermaßen integriert, zuvorkommend, umgänglich und engagiert ist, der sich nie etwas zu Schulden kommen lassen hat und der seit fast 5 Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Salzburg hat, in ein Land geschickt werden soll, in dem ihm jegliche Chancen auf eine Zukunft verwehrt bleiben, das er bereits im Alter von 8 Jahren verlassen hat, in dem er niemanden mehr kennt und in dem für ihn auch aufgrund seines Aussehens und seines Glaubens kein Leben in Frieden möglich wäre.
Wir fordern Gerechtigkeit für Faris und die Wertschätzung seiner Bemühungen, damit er in seiner neuen Heimat endlich ankommen und seine Zukunft aufbauen kann.